Netzentgelte 2026: So entwickeln sich die Preise

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Aktualisiert am:

17.10.2025

Zum 15. Oktober müssen Deutschlands Verteilnetzbetreiber (VNB) ihre vorläufigen Netzentgelte für das kommende Jahr bekannt geben. Wir haben das zum Anlass genommen, die Netzentgelte 2026 der größten Verteilnetzbetreiber pro Bundesland zu analysieren - und das Ergebnis weicht von dem ab, was viele Energieexperten prognostiziert haben. Was die Ursache ist, ordnen wir hier ein:

Was sind Netzentgelte?

Bei der Beschaffungsstrategie für Strom steht oft der Börsenstrompreis im Fokus. Doch ein Großteil der gewerblichen Stromrechnung, im Schnitt rund 30 Prozent, entfällt auf einen anderen Posten: Netzentgelte. Sie werden an den Netzbetreiber zur Erhaltung der Infrastruktur abgeführt und setzen sich aus Arbeits- und Leistungspreis zusammen.

Der Arbeitspreis fällt pro kWh an und bewegt sich im Cent-Bereich – je mehr Strom man also aus dem Netz bezieht, desto höher die Kosten. Der Leistungspreis wird pro kWa in Euro berechnet – also nach der höchsten Bezugsleistung im Kalenderjahr.

Die Netzentgelte werden vom Netzbetreiber festgelegt. Von denen gibt es deutschlandweit über 800, die jeweils ein regionales Monopol haben. Daher haben Verbraucher keinen Einfluss auf die Wahl des Netzbetreibers und damit auch keinen Einfluss auf die Preisgestaltung der Netzentgelte.

Netzentgelte sinken 2026 deutlich

Die Energiewende setzt einen starken Netzausbau voraus, und die Kosten dafür werden auf die Stromverbraucher in Form der Netzentgelte umgelegt. Energieexperten sind sich deshalb einig, dass die Netzentgelte zukünftig ansteigen werden. Doch die Analyse der kürzlich veröffentlichten Netzentgelte 2026 zeichnet ein anderes Bild.

Wir haben die vorläufigen Netzentgelte für 2026 der größten Netzbetreiber pro Bundesland unter die Lupe genommen. Das Ergebnis: Über alle analysierten Netzbetreiber und Spannungsebenen hinweg fallen die Preise von 2025 auf 2026 stark – im Schnitt zwischen 26 und 28 Prozent.

Preiskategorie Durchschnittliche Veränderung von 2025 auf 2026
Leistungspreis (> 2.500 h) -25,99 %
Arbeitspreis (> 2.500 h) -27,23 %
Leistungspreis (< 2.500 h) -28,21 %
Arbeitspreis (< 2.500 h) -26,25 %

Bei einzelnen Netzbetreibern gibt es sogar noch weit größere Preisreduktionen. Die Spitzenreiter:

Preiskategorie Netzbetreiber Bundesland Spannungsebene Veränderung (%)
Arbeitspreis (> 2.500 h) Bayernwerk Bayern Hochspannung -75,47
Leistungspreis (> 2.500 h) SH Netz Schleswig-Holstein Hochspannung -71,08
Leistungspreis (< 2.500 h) E.DIS Brandenburg Hochspannung -64,42
Arbeitspreis (< 2.500 h) SH Netz Schleswig-Holstein Hochspannung -58,68

So wirkt sich die Preissenkung auf der Stromrechnung aus – Beispielrechnung

Nehmen wir einen Musterbetrieb im Gebiet der WestNetz, mit einem jährlichen Verbrauch von 500 MWh und einer Lastspitze von 120 kW. Der Betrieb liegt also über den 2.500 Benutzungsstunden und befindet sich auf der Mittelspannungsebene.

Bei einem bisherigen Arbeitspreis von 1,3 ct/kWh und einem Leistungspreis von 166,03 €/kW, beliefen sich die Netzentgelte 2025 für den Betrieb auf 26.423,60 € (6.500 € Arbeitskosten und 19.923,60 € Leistungskosten).

Diese Kosten sinken 2026 deutlich. Bei einem neuen Arbeitspreis von 1,01 ct/kW und einem Leistungspreis von 134,32 €/kW belaufen sich die Netzentgelte dann nur noch auf 21.168,40 € (5.050 € Arbeitskosten, 16.118,40 € Leistungskosten). Das entspricht einer Reduktion von fast 20 Prozent.

Der Bundeszuschuss als Preissenker

Die Preissenkung ist jedoch nicht auf gesunkene Baukosten zurückzuführen. Vielmehr ist sie das direkte Resultat einer politischen Entlastungsmaßnahme: Die Bundesregierung plant, die vier großen Übertragungsnetzbetreiber mit einem Zuschuss von 6,5 Milliarden Euro aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) zu entlasten.

  1. Hebelpunkt ÜNB-Kosten: Dieser Zuschuss soll die Kosten für den Betrieb und Ausbau der Höchstspannungsnetze abfedern. Da die Gebühren der Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) in die Kalkulation der regionalen Verteilnetzbetreiber einfließen, profitieren alle Endkunden indirekt.
  2. Voller Durchschlag: Die VNB, deren vorläufige Daten wir analysiert haben, geben die Entlastung durch die Übertragungsnetzbetreiber-Kosten in ihren Preisblättern vollständig weiter.

Wo ist die Entlastung am größten?

Da die Netzentgelte der ÜNB in die Berechnung der nachgelagerten Verteilnetzbetreiber einfließen, profitieren alle Endkunden – Unternehmen und Haushalte – von dieser Entlastung.

Unternehmen und energieintensive Branchen profitieren aber stärker, insbesondere an den Hochspannungsebenen, da hier die Kosten der ÜNB einen größeren Anteil ausmachen.

Private Haushalte erfahren zwar auch eine Entlastung (im Schnitt ca. 1 bis 2 Cent pro Kilowattstunde), jedoch fällt der Effekt aufgrund der höheren Gebühren der lokalen Verteilnetzbetreiber (VNB) prozentual geringer aus.

Unsere Daten belegen dies mit den höchsten prozentualen Preisrückgängen bei den größten Betreibern:

  • Hochspannung: Mit einer durchschnittlichen Reduktion von fast -40% profitiert diese Ebene am stärksten. Hier schlägt der Effekt der gesenkten Übertragungsnetzentgelte am deutlichsten durch, was vor allem Industriekunden zugutekommt.
  • Mittelspannung: Hier ist die Entlastung ebenfalls stark, aber signifikant geringer als in der Hochspannung (rund -27,7%).
  • Niederspannung: Diese Ebene, die den Großteil der Haushaltskunden und kleineren Gewerbe versorgt, erfährt mit einer durchschnittlichen Reduktion von nur -15,6% die geringste relative Entlastung. Das liegt daran, dass in diesen Ebenen die lokalen Kosten des Verteilnetzbetreibers (VNB) den größten Anteil an den Netzentgelten ausmachen, die vom Bundeszuschuss kaum beeinflusst werden.

Langfristige Prognose: Der Trend bleibt steigend

Experten und Branchenverbände warnen, dass diese Senkung voraussichtlich nur eine temporäre Entlastung für 2026 darstellt, aber das strukturelle Problem des steigenden Netzausbaubedarfs nicht löst. So kritisiert zum Beispiel der Verband der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft, dass aufgrund der Begrenzung auf 2026 die Sicherheit für die folgenden Jahre fehle, und auch Medien der Solarbranche betonen, dass die aktuellen Zuschüsse nur Symptombekämpfung seien und nicht die Ursache der steigenden Netzentgelte direkt angehen. Die Kritikpunkte im Überblick:

  • Kurzfristig vs. Langfristig: Der Zuschuss ist aktuell nur für das Jahr beschlossen. Es gibt keine Garantie für eine Fortführung in den Folgejahren.
  • Netzausbaukosten bleiben: Die enormen Kosten für den Ausbau der Stromnetze (Erdkabel, Digitalisierung, Verteilnetze) sind der langfristige Preistreiber. Allein für das Verteilnetz wird bis 2045 ein Investitionsbedarf von 235 Mrd. Euro erwartet. Ohne weitere Subventionen werden die Netzentgelte in den Folgejahren voraussichtlich wieder steigen.
  • Regionale Unterschiede: Die Entlastung wirkt regional unterschiedlich. Die größten Senkungen kommen tendenziell Regionen mit den höchsten Übertragungsnetzentgelten zugute.

Zusammenfassend lässt sich also sagen: Die Senkung ist ein direktes Ergebnis der politischen Subventionierung der Übertragungsnetzkosten durch den Bund, nicht etwa ein Zeichen für gesunkene Ausbaukosten. Es muss also davon ausgegangen werden, dass die Netzentgelte in den kommenden Jahren wieder deutlich ansteigen werden.