Direktvermarktung

Direktvermarktung ist der Prozess, bei dem Strom, der in einer Erzeugungsanlage (wie einer Solaranlage oder einem Windpark) erzeugt wird, nicht zu einem festen Satz (Einspeisevergütung) vergütet, sondern durch einen Dritten, den sogenannten Direktvermarkter, direkt verkauft wird, meist an der Strombörse.

Anlagenbetreiber schließen dafür einen Vertrag mit einem Direktvermarkter ab, der den erzeugten Strom bündelt und veräußert. Der Betreiber erhält dann den tatsächlichen Marktwert für seinen Strom.

Ein Ausnahme hiervon bildet die Marktprämie. In diesem Modell erhält der Betreiber den aktuellen Marktwert, sofern dieser über dem anzulegenden Wert. Liegt der Marktwert unter diesem Wert wird die Auszahlung aufgestockt. Ist der Marktwert negativ entfällt jedoch auch diese Vergütung.

Direktvermarktungspflicht ab 100 kWp

Die Direktvermarktungspflicht ist in Deutschland im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) geregelt und hängt von der Größe der Anlage ab.

  • Pflicht zur Direktvermarktung:
    • Alle neuen Photovoltaikanlagen mit einer installierten Leistung von mehr als 100 Kilowattpeak (kWp) müssen ihren Strom seit dem EEG 2021 verpflichtend direkt vermarkten. Anlagenbetreiber mit einer Leistung von über 100 kWp erhalten seitdem keine feste Einspeisevergütung mehr.
  • Möglichkeit zur freiwilligen Direktvermarktung:
    • Anlagen zwischen 1 kWp und 100 kWp können sich freiwillig für die Direktvermarktung entscheiden.
    • In der Praxis nehmen jedoch viele Direktvermarkter Verträge erst ab einer bestimmten Anlagengröße an, die oft bei 25 kWp liegt. Kleinere Anlagen sind für die Anbieter aufgrund des Verwaltungsaufwands und der geringen Erträge oft nicht wirtschaftlich. Der Wechsel in die Direktvermarktung lohnt sich für Betreiber kleiner Anlagen daher erst, wenn die potenziellen Mehreinnahmen die Zusatzkosten für den Einbau eines Smart Meters und die Verwaltung decken.

Funktionsweise

  1. Vertragsabschluss: Der Anlagenbetreiber schließt einen Vertrag mit einem Direktvermarkter ab. Dieser Dienstleister kümmert sich um den gesamten Vermarktungsprozess.
  2. Prognose: Der Direktvermarkter prognostiziert, wie viel Strom die Anlage in den kommenden Stunden oder Tagen erzeugen wird. Dies geschieht mithilfe von Wetterdaten, Anlageninformationen und Algorithmen.
  3. Bündelung und Vermarktung: Der Vermarkter bündelt den Strom vieler kleiner und großer Anlagen und verkauft ihn an der Strombörse (z.B. EPEX SPOT). Dort wird Strom für jede Stunde - ab Oktober 2025 für jede Viertelstunde - des Folgetages gehandelt.
  4. Abrechnung und Marktprämie: Der Anlagenbetreiber erhält monatlich eine Abrechnung. Er bekommt den tatsächlichen Marktwert für den eingespeisten Strom, der sich aus den Börsenpreisen ergibt. Um die Differenz zur gesetzlich garantierten Vergütung auszugleichen, erhält der Betreiber zusätzlich eine Marktprämie.
  5. Bonus auf den Marktwert: Wenn der aktuelle Börsenpreis über dem festgesetzten "anzulegenden Wert" (dem gesetzlich garantierten Vergütungssatz) liegt, erhält der Anlagenbetreiber den höheren Börsenpreis und die Marktprämie entfällt. Bei einem negativen Strompreis an der Börse (was bei hohem Angebot und geringer Nachfrage vorkommt) wird die Vergütung auf null gesenkt, um Fehlanreize zu vermeiden.

Zusammensetzung der Erlöse aus der Direktvermarktung

Die Erlöse in der Direktvermarktung setzen sich aus zwei Komponenten zusammen:

  1. Dem Marktwert: Dies ist der durchschnittliche Börsenpreis, der für den eingespeisten Strom erzielt wird. Dieser Preis schwankt stündlich und kann sehr volatil sein.
  2. Der Marktprämie: Dies ist der Differenzbetrag zwischen dem gesetzlich festgelegten "anzulegenden Wert" (vergleichbar mit der alten Einspeisevergütung) und dem monatlichen Marktwert.

Formel: Erlös = Marktwert + Marktprämie

  • Wenn Marktwert < Anzulegender Wert: Die Marktprämie gleicht die Differenz aus.
  • Wenn Marktwert > Anzulegender Wert: Der Anlagenbetreiber bekommt den höheren Marktwert und die Marktprämie ist null.

In der Vergangenheit waren die Markterlöse oft höher als die gesetzliche Einspeisevergütung, was die Direktvermarktung finanziell attraktiv machte. Da die Marktpreise jedoch stark schwanken können, gibt es keine garantierten Erlöse über die gesetzlich festgelegte Marktprämie hinaus.

Einige Direktvermarkter bieten auch Modelle an, bei denen ein fester monatlicher Abschlag gezahlt wird, was dem Betreiber eine größere Planungssicherheit bietet.