Dynamischer Stromtarif
Dynamische Stromtarife, auch "verbrauchsorientierte Tarife" oder "stundengenaue Tarife" genannt, sind Stromtarife, deren Preis sich in kurzen Abständen ändert – oft stündlich. Im Gegensatz zu herkömmlichen Festpreistarifen, bei denen der Preis pro Kilowattstunde (kWh) über die gesamte Vertragslaufzeit konstant bleibt, spiegeln dynamische Tarife die aktuellen Preise an der Strombörse wider.
Der Preis richtet sich nach Angebot und Nachfrage. Wenn viel Strom aus erneuerbaren Energien wie Wind und Sonne erzeugt wird, ist das Angebot hoch und die Preise sinken. Abends und morgens, wenn weniger Solarenergie zur Verfügung steht, aber der Bedarf steigt (zum Beispiel durch das Aufladen von Elektroautos oder durch den Produktionsbeginn), können die Preise steigen.
Funktionsweise dynamischer Stromtarife
Die Funktionsweise dynamischer Stromtarife basiert auf einem Zusammenspiel aus dem Strommarkt und der Verbrauchsmessung.
- Stündliche Preisermittlung: Stromanbieter, die dynamische Tarife anbieten, orientieren sich an den Preisen der Strombörse (z.B. der European Power Exchange – EPEX SPOT). Dort wird am Day-Ahead-Markt der Strompreis für jede Stunde - ab Oktober 2025 sogar für jede Viertelstunde - des Folgetages festgelegt. Die Preise sind öffentlich einsehbar und werden in der Regel am Mittag des Vortages veröffentlicht.
- Smart Meter: Um diese Tarife nutzen zu können, ist ein intelligentes Messsystem, ein sogenanntes Smart Meter, erforderlich. Im Gegensatz zu traditionellen Stromzählern, die nur den Gesamtverbrauch erfassen, misst ein Smart Meter den Stromverbrauch in Echtzeit und sendet die Daten an den Stromanbieter. So kann der Verbrauch jeder Stunde exakt dem jeweils gültigen Strompreis zugeordnet werden.
- Verbrauchssteuerung: Der Nutzer kann durch die Transparenz der Preise seinen Verbrauch steuern. Beispielsweise kann er Prozesse in die Zeiten verlegen, in denen die Strompreise niedrig sind.
Vor- und Nachteile dynamischer Stromtarife
Dynamische Tarife bieten sowohl Chancen als auch Risiken, die man abwägen sollte.
Vorteile
- Kosteneinsparungen: Durch die bewusste Verlagerung des Verbrauchs in Niedrigpreiszeiten können Nutzer ihre Stromkosten senken. Dies ist besonders attraktiv, wenn viel Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt wird und die Preise entsprechend niedrig sind.
- Förderung der Energiewende: Die Nutzung dynamischer Tarife trägt zur Stabilisierung des Stromnetzes bei. Indem der Verbrauch an die Erzeugung angepasst wird, können Lastspitzen geglättet und die Integration erneuerbarer Energien in das Netz verbessert werden.
- Transparenz: Kunden erhalten eine genaue Übersicht über ihren Stromverbrauch und die damit verbundenen Kosten. Das schafft ein besseres Bewusstsein für den eigenen Energieverbrauch.
Nachteile
- Preisrisiko: Der Preis kann in Zeiten hoher Nachfrage oder geringer erneuerbarer Erzeugung stark ansteigen.
- Individuelle Aufschläge möglich: Manche Versorger erheben individuelle Aufschläge auf den Börsenpreis. Diese Aufschläge können je nach deinem Lastprofil variieren. Ein solcher Aufschlag zusammen mit einem signifikanten und langanhaltenden Preisanstieg am Markt kann dazu führen, dass ein Festpreistarif unter Umständen die finanziell sicherere Option ist.
Für wen lohnen sich dynamische Stromtarife?
Dynamische Stromtarife sind nicht für jeden Haushalt oder jedes Unternehmen die ideale Lösung. Sie lohnen sich vor allem für Verbraucher, die folgende Kriterien erfüllen:
Für Gewerbe und Unternehmen:
Für Unternehmen bieten dynamische Tarife besonders großes Einsparpotenzial, da sie oft einen wesentlich höheren Stromverbrauch und eine größere Flexibilität in ihren Betriebsabläufen haben.
- Lastmanagement und automatisierte Prozesse: Unternehmen, die energieintensive Prozesse in Zeiten niedriger Strompreise verlagern können, profitieren enorm. Dazu gehören beispielsweise das Aufladen von Elektro-Gabelstaplern, der Betrieb von Kühlanlagen, energieintensive Produktionsschritte oder die Klimatisierung von Gebäuden. Durch den Einsatz von Energiemanagementsystemen können diese Prozesse automatisiert an die stündlich schwankenden Strompreise angepasst werden, um Kosten zu senken und Lastspitzen zu vermeiden.
- Kombination mit Eigenproduktion und Speichern: Für Unternehmen, die bereits über eigene Solaranlagen und/oder Batteriespeicher verfügen, sind dynamische Tarife die perfekte Ergänzung. Sie können tagsüber den selbst erzeugten Strom nutzen und bei Überschuss speichern. Nachts oder bei hoher Nachfrage können sie dann günstig eingekauften Strom aus dem Speicher entnehmen und so teure Stromspitzen vermeiden.
Für Privathaushalte:
- Hoher Stromverbrauch: Haushalte mit einem hohen Jahresverbrauch (z.B. durch Wärmepumpen, Durchlauferhitzer oder Klimaanlagen) können von den Preisunterschieden profitieren.
- Zeitlich flexible Verbraucher: Wer große Stromverbraucher wie Elektroautos, Waschmaschinen oder Geschirrspüler zeitlich steuern kann, um sie in den günstigen Stunden zu betreiben, profitiert am meisten.